Freitag, 16. Juli 2010

ACHT

Eine Möwe kreiste über dem Platz. Weiß schimmernd das Gefieder, sie hatte sich von der Brücke erhoben, war über den Fluss geflogen, hatte nach Fraß geschaut, sich hier und da niedergesetzt, wieder erhoben, jetzt segelte sie. Abwechselnd das eine und das andere Auge über den Platz ausrichtend, schien ihr kein Ort geeignet, sich niederzusetzen.

Unter ihr verfolgte sie aufmerksam das Spiel der gehenden, wankenden, schreitenden Körper. Das metallische Schimmern eines kleinen Gebäudes auf Rädern zog sie magisch an. Kein Senken, statt dessen kreiste sie weiter. Unter einem kargen Baum, auf einer Bank, sammelten sich mehr und mehr Gestalten. Die Hektik ihrer Bewegungen hatte sich gemildert, nun saßen sie aufrecht und aufmerksam und schauten in nördlicher Richtung zu einem Menschen in flatterndem Talar, der nicht aufhörte, mit seinem rechten Arm und ausgestreckter Hand zu kreisen.

In perfekter Geometrie näherten sich vier Menschen der Bank, einer von Süden, einer von Norden, hinter dem Kreisenden, der eine schlappend, der andere marschierend, zwei weitere von Osten und Westen, der eine glatzköpfig mit schwerem braunen Körperkleid, der andere in schillernden Farben, dickem Schuhwerk mit Metallsohlen, die klickernd über den Steinboden klackten, über seinem Kopf eine rotgefleckte Gipsschale tragend.

Die Möve entschied sich, senkte den Körper, zielte auf den höchsten Punkt des gebogenen Römertors und landete sanft abfedernd auf dem Stein.

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