Mittwoch, 21. Juli 2010

ZWÖLF

Der Priester hörte Stimmen.

Es waren die Stimmen des Aufrucks. Es ruckte in ihm, er konnte es spüren. Vollkommen umgeben von Licht, das sich um ihn und zylindrisch über ihm auf ihn selbst ergoss, das Blau des Himmels aufreißend, sah er in die Abgründigkeit von etwas, das ihm sämtliche Sinne nahm. Es bohrte sich sanft in sein Inneres, in die Emulsion seiner Körpersäfte, es umspülte ihn, strebte empor, nahm Besitz von seinem Schädel, schwappte in ihm umher, wogte ihn in längst vergessene Vertrautheit. Alles um ihn herum war hell orange, pastellgelb, wenig weiß, sich drehend, zirkulierend, um ihn herum, als sei er der Mittelpunkt der Welt.

Eine milchige Gestalt näherte sich ihm, ohne klare Konturen. Es war ein Gesicht mit nebulösen Augen, ahnend, ergreifend, in ihn fahrend. "Ich bin das Müss." Der Priester hörte die warme tiefe Stimme nicht, sie war in ihm. Er erinnerte sich schwach an das, was ihm bei seinen Reisen erschienen war. Er hatte ein Tor betreten, tief unter der Anlage, umgeben von Milch. Bastane waren ihm entgegengetreten, einer nach dem anderen, und nur seine innere Kraft hatte sie zur Seite treten lassen, immer tiefer hineinschreitend. Er hatte nach zwanzig von ihnen Zweifel, stärker werdend nach dreißig, aber dann wusste er, dass es ein Ende haben würde. Der Dreiundfünfzigste Bastan führte ihn zum Müss, umgeben von all dem, was Menschen zurücklassen konnten und sich davon ernährend, kein Ventil weit und breit.

Nun war es Das Müss selbst, was ihn umfasste, umspülte, erströmte. Hinter den Ohren des Priesters, im Inneren seines Schädels, rieb es sich an seiner Kopfhaut. Er, der Priester, er wusste nun, dass alles nicht umsonst war. Er öffnete seine Augen, doch er sah nicht, er wusste vielmehr. Um ihn herum, durch den wabernden Schleier des milchig-orangenen Zylinders, rannten vier weitere schwarze Gestalten aufeinander zu, andere Leiber zur Seite abstoßend.

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