Donnerstag, 22. Juli 2010

VIERZEHN (lam)

Am schönsten ist es, wenn der Schmerz nachlässt.

Die Karambolage war glimpflicher ausgegangen als erwartet. Zumindest für mich, die Schulter hatte einiges abgefangen. Nicht sicher, wie es den Anderen gerade ging, aber nachschauen konnte ich vorerst auch nicht. Mit geschlossenen Augen blieb ich regungslos auf dem Rücken liegen. Atmete die schwere, erhitzte Luft zunehmend langsamer ein und aus, und musste unwillkürlich grinsen bei dem Gedanken an die Show, die wir gerade zum Besten gegeben hatten.

Und da fingen die Besoffenen an zu lachen. Einer nach dem anderen stimmten sie in das lauter werdende Gegröle ein. Während sie sich gegenseitig mit dämlichen Witzen über uns unterhielten, öffnete ich meine Augen und wurde sofort mit einem gleißenden Blitz bestraft. Irritierend blinzelnd erkannte ich nach und nach die Menschentraube, die den vorher durch pure Panik leergefegten Marktplatz nun wieder füllte. Vereinzelt standen die Leute rotzfrech mit ihren Fotohandies am Epizentrum des Aufpralls und knipsten die Szenerie.

Drecksdinger. Ich konnte sie noch nie leiden, so überflüssig wie Milzbrand. Nur damit man seine Gören jederzeit mit nem fetten SUV Jeep von der 210 Meter entfernten Schule abholen kann. Und die Tussi, die mich gerade abgelichtet hatte, würde ich ohne Zweifel in ebendiese Sparte stecken. Sowas hatte ich eigentlich schon kommen sehen müssen, so sensationsgeil wie die Menschheit heutzutage ist. Würde mich nicht wundern, wenn das morgen auf der Titelseite der Bild-Zeitung erschiene.

Sorgenvoll blickte ich zu dem Knäuel unweit von meiner Position. Meine Befürchtungen waren jedoch unbegründet, wie sich herausstellte. Soweit ich das erkennen konnte, waren die Köpfe heil geblieben, im Gegensatz zum Blob war kein Hirn vergossen worden. Sofort ging es mir wieder eine ganze Ecke besser. Zwar nicht so gut wie beim Tits-Daily-Lesen, aber immerhin. Ich rappelte mich auf und verlor sofort wieder mein Gleichgewicht. Ich fiel hart auf den Hosenboden zurück. Benommen und mit schmerzendem Steißbein versuchte ich die Ursache auszumachen. So etwas passiert eigentlich nur, wenn der Vestibularapparat versagt. Langsam dämmerte es mir.

Sonst hatte ich schon öfters miterlebt, wenn dem Priester das Müss zu den Ohren rauskam, diesmal jedoch war ich an der Reihe. Eine meiner Zigarren hatte sich beim einseitigen Sturz in den Gehörgang gerammt, so stark, dass mir der Tabak schon in die Mundhöhle rieselte. Während ich am rausstehenden Cohiba-Ende rumfummelte, stelle ich mir die Frage, ob es noch schlimmer kommen konnte. In solchen Momenten versucht man ja, irgendwie damit fertig zu werden. Das einzige was mich in diesem Moment trösten konnte?

Es hatte wirklich Kuchen gegeben...

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